Von TIR - Für das Tier im Recht vom 11.11.2020

TIR enttäuscht: Nationalrat lehnt eine Kastrationspflicht für Freigänger-Katzen ab

Im November 2018 reichte Nationalrätin Doris Fiala (FDP/ZH) eine Motion für eine Kastrationspflicht für Freigänger-Katzen im Parlament ein, um damit eine entsprechende Petition der Tierschutzorganisationen Network for Animal Protection – NetAP und Stiftung für das Tier im Recht (TIR) zu unterstützen. Ende Oktober hat der Nationalrat nun beschlossen, dem Vorstoss keine Folge zu geben, nachdem das Parlament letztes Jahr bereits die Petition von NetAP und TIR abgelehnt hatte.

 

Die Schweiz versinkt im Katzenelend. Entgegen einer weit verbreiteten Annahme besteht auch hierzulande ein massives Streunerproblem. Eine der Hauptursachen hierfür liegt darin, dass Privatpersonen (inkl. Landwirte) ihre Freigänger-Katzen nicht kastrieren lassen und diese in der Folge zusammen mit herrenlosen, unkastrierten Tieren ständig für weiteren Nachwuchs sorgen. Dies, obwohl die Tierschutzverordnung ausdrücklich festhält, dass Tierhaltende alles Zumutbare tun müssen, um zu verhindern, dass sich ihre Tiere übermässig vermehren (Art. 25 Abs. 4 TSchV). Das Paarungsverhalten unkastrierter Freigänger-Katzen unter Kontrolle zu haben, ist für deren Halter aber praktisch unmöglich. 

 

Vermehren sich Katzen übermässig, bilden sich schnell grosse Kolonien auf engem Raum, was zu Hygieneproblemen und zur Ausbreitung von Krankheiten führt. Viele Tiere sterben qualvoll, weil sie keine medizinische Versorgung erhalten oder nicht ausreichend Nahrung finden. Die unkontrollierte Vermehrung von Katzen führt ausserdem dazu, dass jedes Jahr unzählige ungewollte Jungtiere in Tierheime abgeschoben oder ausgesetzt werden. Insbesondere in ländlichen Gebieten werden unerwünschte Katzenwelpen zudem teilweise immer noch ertränkt oder auf andere tierquälerische Weise getötet.

 

Als verhältnismässige und nachhaltige Massnahme gegen diese Missstände forderten NetAP und TIR im Rahmen einer im Juni 2018 mit über 100'000 Unterschriften übergebenen und von über 150 Tierschutzorganisationen mitgetragenen Petition eine Kastrationspflicht für Freigänger-Katzen (vgl. TIR-Newsmeldung vom 12. Juni 2018).

 

Um das Anliegen der beiden Tierschutzorganisationen zu stärken, reichte FDP-Nationalrätin Doris Fiala, die das Anliegen der Petition von Beginn an unterstützt hatte, kurz darauf die von 34 Parlamentarierinnen und Parlamentariern mitunterzeichnete Motion "Weniger Tierleid dank Kastrationspflicht für Freigänger-Katzen" im Parlament ein (vgl. TIR-Newsmeldung vom 3. Dezember 2018). 

 

Nachdem sich in der Folge sowohl der National- als auch der Ständerat gegen die Annahme der Petition ausgesprochen hatten, hat der Nationalrat Ende Oktober nun auch die Motion von Doris Fiala abgelehnt, womit das Geschäft definitiv erledigt ist. Die grosse Kammer ist dabei den teilweise irreführenden Argumenten des Bundesrats gefolgt, der den Vorstoss zuvor zur Ablehnung empfohlen hatte. Die TIR ist enttäuscht über die Haltung des Parlaments. Das Parlament hat es verpasst, sich für eine nachhaltige Lösung der Streunerproblematik einzusetzen. Gemeinsam mit NetAP wird sich die TIR jedoch auch weiterhin für eine nachhaltige Lösung der Streunerproblematik und gegen das damit einhergehende Tierleid stark machen. Nachdem die beiden Organisationen bereits im März 2020 im Rahmen eines offenen Briefs an Bundesrat Alain Berset, den Vorsteher des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI), um Auskunft über gewisse Behauptungen von Behördenseite im Zusammenhang mit der geforderten Kastrationspflicht für Freigänger-Katzen gebeten hatten, stehen sie nun weiterhin mit den Bundesbehörden im Austausch, um griffige Massnahmen für die Reduktion der Streunerpopulation in der Schweiz zu erarbeiten. Ebenso prüfen sie die Möglichkeit, Kastrationspflichten auf kantonaler Ebene einzuführen.